Vom Baum in die Flasche

Chronik eines Versuchs, aus Kirschen einen "Kirsch" herzustellen

Foto: pixabay
Foto: pixabay

Wir sind Anfänger auf diesem Gebiet. Noch nie haben wir versucht, aus Kirschen etwas "Hochprozentiges" herzustellen.

 

Jetzt haben wir aber einmal einen Versuch gewagt.

 

Wir lassen Sie gerne daran teilhaben, ob es uns vielleicht gelingt - oder auch nicht.

 

Bleiben Sie gespannt (ck/06/20)


Freitag, der 19.06.20

 

Heute haben viele aktive Mitglieder des NABU Büttelborn fleißig Kirschen zum Einmaischen gepflückt. Dies ist eine der zahlreichen Möglichkeiten, mit der sehr reichen Ernte umzugehen – schließlich wäre es doch sehr schade, dieses süße Geschenk von Mutter Natur ungenutzt zu lassen.

 

Der NABU-Nachwuchs Elyas, Niklas und Jannes hatten einen Tag zuvor die Kirschen statistisch auf ihren „Eiweißgehalt“ überprüft. Er war durchaus vorhanden, was wiederum auch nicht wirklich verwunderlich ist, denn es handelt sich bei uns selbstverständlich um völlig naturbelassene Früchte, die ohne jedweden Einsatz von Spritzmitteln oder synthetischen Düngern reif werden durften. Und nur wenn es auch „Schädlinge“ gibt, haben die „Nützlinge“ auf unserer Streuobstwiese auch eine Nahrungsgrundlage.

 

Die Idee, sich direkt am nächsten Tag zur Ernte zu treffen, ergab eine große Teilnehmerzahl am Freitag von 13 aktiven NABU-Mitgliedern.

 

Die NABU Jugend, Niklas, Elyas und Jannes mit Verstärkung von Uwe erklommen schon am Vormittag die reich tragenden Süßkirschbäume der Sorten „Hedefinger Riesen“, „Schneiders Späte Knorpel“ und „Große Prinzess“. Und so füllten sich schnell die ersten Körbe und Eimer. Am frühen Nachmittag kamen dann noch neun weitere Helfer dazu, so dass es unter und in den Bäumen bald eng wurde. Die Helfer wurden schnell umverteilt, sodass die Früchte vor Ort schon gewaschen, entstielt und auf schadhafte Stellen untersucht wurden.

 

Die sorgfältig verlesenen und gewaschenen Kirschen wurden direkt am selben Abend in ein passendes Fass von rund 120 Litern Volumen zu 4/5 gefüllt und von Anja und Matthias „eingemaischt“, d. h. das Fass wurde danach luftdicht verschlossen - zurück blieb ein wunderbarer Kirschduft.

 

Die gute Stimmung und das strahlende Wetter machten diesen Arbeitseinsatz zu einem schönen gemeinsamen Erlebnis, da man auch sehr schnell sehen konnte, wie sich die Erntebehälter mit den herrlich aussehenden und schmeckenden Früchten füllten.

 

Nun sind wir alle gespannt, wie es mit der Kirschmaische weitergeht und das angestrebte Produkt, nämlich unser erster selbst hergestellter „NABU-Streuobstwiesen-Kirsch“, schmecken wird. Wenn er uns denn tatsächlich gelingt…(hc 06/20)

Fotos: NABU Büttelborn (hä)


Sonntag, der 21.06.20

 

Die 1. Kontrolle, wir waren so gespannt!

 

Der Deckel des Fasses ließ sich leicht eindrücken, also fand noch keine nennenswerte Gasbildung statt.

 

Oberflächlich sahen die Kirschen fast unverändert aus und auch am herrlichen Geruch hat sich noch wenig verändert. Beim Rühren spürte man jedoch schon, dass die Kirschen in der Tiefe des Fasses bereits etwas weicher geworden sind. Nach dem kurzen Rühren verschlossen wir schnell wieder, damit keine Essigfliegen an den leckeren Inhalt kommen. 


Mittwoch, der 24.06.20

 

Drei Tage waren seit der letzten Kontrolle der Maische vergangen und der Deckel zeigte eine deutliche Wölbung. Wir öffneten das Fass und waren überrascht, dass die obersten Kirschen immer noch geformt und fest sind.

 

Der Geruch hatte sich allerdings sehr verändert. Zum Glück roch es ein wenig nach Alkohol, aber auch ein Essigduft war dabei, Kirsche und ein paar weniger angenehme Duftnoten.

 

Dann wurde kräftig durchgerührt und schnell wieder verschlossen.

 

24.06.20
24.06.20

Sonntag, der 28.06.20

 

Jetzt war richtig viel passiert in unserem Maischefass!

 

Die Kirschen an der Oberfläche waren bräunlich verfärbt. Der Geruch wurde von Alkohol dominiert, die anderen Geruchsnoten traten hingegen in den Hintergrund .

 

Im unteren Teil des Fasses war die Maische schon flüssig.

 

Wir rührten gut um, zwischen den noch ganzen Kirschen war danach kein Luftraum mehr, sondern Flüssigkeit. Die Maische war nun deutlich abgesackt, von ca. 4/5 auf nur noch 2/3 des Fass-Volumens.

28.06.20
28.06.20

Mittwoch, der 01.07.20

 

Weitere drei Tage später zeigte sich nach dem ersten optischen Eindruck wenig Veränderung.

 

Allerdings roch die Maische nun intensiv nach Alkohol und beim Rühren stellten wir fest, dass nur noch die oberste Schicht von 10 - 15 cm aus festeren Kirschen bestand und sich der untere Teil der Maische bereits vollständig verflüssigt hatte.

 

Zufrieden schlossen wir den Deckel - der Versuch einen Kirschschnaps herzustellen könnte also gelingen.


Samstag, der 04.07.20

 

Wieder waren drei Tage vergangen und die Kontrolle der Maische stand an.

 

Nach dem Öffnen des Deckels sah es genauso aus wie vor drei Tagen, es roch wieder deutlich nach Alkohol und beim Rühren zeigte sich, dass auch sonst keine merkliche Veränderung stattgefunden hat.

 

Also schnell durchrühren und schließen, denn die ersten Fruchtfliegen waren schon im Anflug.


Sonntag, der 26.07.20

 

Nichts Neues aus dem Fass.

 

Alle 4-6 Tage öffneten wir weiterhin neugierig unser Maischefass und fanden die Maische im gleichen Zustand vor. Der Deckel war nur leicht gewölbt, es fand keine nennenswerte Gasbildung mehr statt. Der Geruch war fruchtig-alkoholisch und die oberste Schicht bestand immer noch aus ganzen Kirschen.

 

Ob die Maische wohl fertig ist?

 

Nach Auskunft erfahrener Kirschbrenner sollen abschließend die Kerne aufsteigen. Deshalb beschlossen wir, noch abzuwarten und rührten nochmals intensiver, um die Kerne zu lösen. In ein paar Tagen werden wir sehen, ob es etwas gebracht hat...


Samstag, der 05.09.20

 

Der August ist nun auch schon vorbei, ohne dass sich Wesentliches verändert hätte, aber nun ist es bald soweit: unsere Maische wird gebrannt!

 

Ein wunderbarer Geruch nach Kirschenschnaps stieg uns immer beim Öffnen des Fasses in die Nase. Es war also an der Zeit, einen Termin zum Brennen der Maische zu verabreden.

 

Wir haben leider vergeblich darauf gewartet, dass die Kirschkerne in großer Zahl an die Oberfläche der Maische aufsteigen. Statt dessen hat sich eine oberflächliche Haut aus Hefen gebildet. Auf Nachfrage erfahren wir jedoch, dass sich die Maischen verschiedener Kirschsorten sehr unterschiedlich entwickeln.

 

Jetzt sind wir sehr gespannt auf die Qualität und die Menge des Destillates! In wenigen Tagen wissen wir mehr...


Donnerstag, der 10.09.20

 

Unser Experiment scheint tatsächlich gelungen zu sein!

 

Es hatte sich also gelohnt die Kirschen zu pflücken, zu maischen und zu brennen! Schon der Vorlauf schmeckte bereits gut nach Kirschen und der Mittellauf versprach, noch zu einem sehr guten Kirschenschnaps zu reifen.

 

Es lief also alles ganz gut, aus 60 Litern fertiger Maische haben wir rund 6,5 Liter 42 prozentigen Kirschenschnaps erhalten.

 

Jetzt reift der Schnaps in großen Flaschen und wird - vermutlich erwartungsfroh - von Zeit zu Zeit verkostet.

 

In etwa einem Jahr erwarten wir dann das geballte Aroma eines reifen, weichen Kirschenbrands.

 

Fortsetzung folgt in ein paar Monaten– wir bleiben gespannt...(amw  09/20)

Fotos: NABU Büttelborn (amw/mw)